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Erfahrungsbericht Patrick - Teil II

Ich wusste nur eines: Die Erkrankung ist potenziell tödlich

Nach 7 Stunden im OP-Saal wachte ich auf der Intensivstation auf. Noch etwas benommen und sehr schwach prüfte ich sofort, ob ich mich bewegen kann. Es funktionierte — was für eine Erleichterung! Das Hochgefühl bescherte mir umgehend die nötige Kraft, um die Krankenschwester gehörig mit meinem Wunsch nach einen Spiegel zu nerven. Meine Wunde musste ich unbedingt sehen! Das war allerdings erst mal unmöglich. Mein Kopf war natürlich dick einbandagiert. Der Oberarzt schaute noch einmal bei mir vorbei und teilte mir mit, dass der Tumor komplett entfernt werden konnte. Pure Freude bei meiner Familie und mir!

 

Einige Tage später erhielt ich schließlich auch das Ergebnis der histologischen Untersuchung des entnommenen Tumormaterials: Die genaue Diagnose lautete nun Oligoastrozytom Grad 3. Ich verzichtete bewusst darauf, mich wahllos im Internet zu belesen: Gerade für medizinische Laien ist die schiere Masse an Informationen zu überwältigend und überfordernd. Zudem ist es nicht immer leicht, seriöse von tendenziösen Berichterstattungen zu unterscheiden. Nur eines war mir schnell unzweifelhaft klar: Die Erkrankung ist potenziell tödlich. Bevor Anschlussbehandlung begann, holte ich gezielt Informationen von meinem behandelnden Arzt und der Deutschen Hirntumorhilfe ein und kontaktierte zudem noch zwei weitere Kliniken, um meine Entscheidung auf feste Füße zu stellen.

Zurück nach Hause, zurück ins Leben

Schon nach einer Woche konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Ich war erstaunt, wie schnell mich wieder ziemlich gut fühlte. Nach drei Wochen wurden die Klammern, die die Wundränder zusammenhielten, entfernt. Ich musste nun ganz besonders Acht geben, dass kein Keim in die Wunde geriet. Jeden Abend vorm Schlafen legte ich mir einen sauberen Verband um. Als einige  Wochen später die detaillierte Histologie des Tumorgewebes vorlag, wurde die Chemotherapie geplant, die aus acht Zyklen mit je einer Woche Temozolomid-Medikation und drei Wochen Pause bestehen sollte. Ich vertrug das Medikament gut, litt nur selten unter Übelkeit und hatte auch keinen Haarverlust zu beklagen.

 

Nach dem 5. Zyklus kehrte ich zurück an meinen Studienort und stieg direkt wieder in den Vorlesungsbetrieb ein. Schon bald ahnte ich, dass ich mich übernommen hatte. Während des Prüfungszeitraums durchlief ich den 8. Chemozyklus und versuchte, nebenher noch für die Klausuren zu lernen – ein Ding der Unmöglichkeit. Stur versuchte ich weiter, mich durchzubeißen. Das nächste Semester verlief besser, ich wurde immer fitter und konnte einige Klausuren bestehen. Und doch: Ich hinkte im Lernstoff uneinholbar weit hinterher. Doch dieser Frust war nichts Am Ende des nächsten Semesters scheiterte ich erneut an wichtigen Prüfungen. Ärgerlich – aber nichts gegen die nächste Hiobsbotschaft, die mich nur kurz darauf ereilte: Das MRT-Bild des nächsten Kontrolltermins zeigte, dass sich ein Rezidiv gebildet hatte.

Ein zweiter Schock - und neue Pläne

Der Schock saß tief. Die Ärzte rieten mir dazu, den Tumor erneut zu operativ zu therapieren. Er hatte sich in der Zeit verändert und war nun diffuser gewachsen, dennoch schien die Resektion machbar. Ich willigte sofort ein, legte das Studium auf Eis und ließ mich ein zweites Mal operieren. Und das tatsächlich wieder erfolgreich: Das Tumorgewebe konnte erneut komplett entfernt werden. Die feingewebliche Untersuchung ergab, dass sich der Tumor auch in seinem Erbgut modifiziert hatte, was letztlich jedoch zu keiner veränderten Diagnose führte. Wieder wurde ich bereits nach ein paar Tagen wieder aus dem Krankenhaus entlassen und konnte mich zu Hause erholen.

Ein paar Monate später nahm ich das Studium wieder auf – den Anschluss konnte ich aber nicht mehr schaffen. Nach einem weiteren arbeitsreichen, aber erfolglosen Semester entschloss ich mich schließlich schweren Herzens, realistisch zu sein und brach ab. Meine anschließenden Bewerbungen waren dann auch ohne den Abschluss erfolgreich: Seit September 2016 arbeite ich als Arbeitsvermittler. Meine Autonomie ist mir wichtig. Ich genieße es sehr, eine Aufgabe zu haben und mich beweisen zu können. Bis heute agiere ich gegen den Tumor und achte verstärkt auf mich und mein Allgemeinbefinden. So versuche ich beispielsweise ganz bewusst, Stress zu vermeiden, mir regelmäßig Auszeiten zu gönnen. Ich habe mich zudem mit meiner Ernährung auseinandergesetzt und verzichte öfter mal auf die Extra-Portion Zucker (auch wenn’s manchmal schwer fällt). Ein moderates Sportpensum tut mir ebenfalls gut. Die richtige Work-Life-Balance ist für mich unabdingbar. Halt finde ich immer bei meiner Familie und meinen Freunden. Ich kann zurzeit so Leben wie es mir gefällt, daraus ziehe ich eine Menge positive Energie.

 

Patrick O.

Patrick als ehrenamtlicher Helfer auf dem Hirntumor-Informationstag 2017 in Berlin

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