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Podiumsdiskussion II

Auswahl häufig gestellter Patientenfragen


Prof. Guido Reifenberger
Institutsleiter Neuropathologie
Uniklinikum Düsseldorf
Dr. Christian Keinki
Deutsche Krebsgesellschaft

 

Welchen Stellenwert hat der MGMT-Status in der Tumorklassifikation?

Prof. Dr. Guido Reifenberger: Generell muss unterschieden werden zwischen sogenannten diagnostischen Marken, die dabei helfen, die Tumorart zu bestimmen. Prognostische Marker innerhalb einer Tumorart erlauben eine Einschätzung des Krankheitsverlaufs. Und schließlich gibt es prädiktive Marker wie den MGMT-Status, die dabei helfen, das Ansprechen auf eine bestimmte Therapie vorauszusagen.

Die Methylierung des MGMT-Promotors ist ein wichtiger prädiktiver Marker,  der weiterhin bestimmt wird. Für die reine Klassifikation ist er nicht notwendig, er definiert nicht eine bestimmte Tumorentität.

 

Was weiß man über die Ursachen/die Entstehung von Hirntumoren?

Prof. Dr. Guido Reifenberger: Vererbbare Syndrome, die mit einem Hirntumor einhergehen können, sind sehr selten. Die allermeisten Hirntumoren, insbesondere Gliome, treten sporadisch auf. Das heißt, man weiß nicht, was die Ursache der Erkrankung bei den einzelnen Patienten ist. Risikofaktoren, wie z.B. das Rauchen, spielen bei Hirntumoren keine Rolle. Auch elektromagnetische Felder bzw. die Handynutzung konnten bislang als Risikofaktor nicht bestätigt werden.

 

Welche Änderungen sieht die neue WHO-Klassifikation bei Tumoren im Kindesalter vor?

Prof. Dr. Guido Reifenberger: Auch bei Tumoren im Kindesalter wurde die integrierte histologisch-molekulare Klassifikation eingeführt. So werden beispielsweise Medulloblastome – die häufigsten malignen Hirntumoren im Kindesalter – nicht mehr nur histopathologisch, sondern auch nach drei verschiedenen molekularen Subgruppen unterteilt. Das ist auch klinisch relevant, weil die verschiedenen Subgruppen im Rahmen von Studien inzwischen gesonderte Therapien erhalten.

 

Muss der Tumor neu biopsiert werden, wenn man bislang noch keine Diagnose nach der aktuellen Klassifikation hat?

Prof. Dr. Guido Reifenberger: Nein. Die Marker können auch nachträglich am konservierten Tumormaterial bestimmt werden.

 

Warum gibt es noch keine Studien zu Methadon in der Gliomtherapie?

Prof. G. Wir haben keine klaren Hinweise, dass Methadon in der Gliomtherapie wirksam ist. Die gegenwärtig verfügbaren Daten zum Einsatz von Methadon lassen nur bedingt Rückschlüsse auf eine Wirksamkeit zu. Es gibt Kollegen, die positive Erfahrungen damit gemacht haben, andere warnen davor, das Gefahrenpotential zu unterschätzen. Es gibt Überlegungen bei der NOA, Methadon in einer Studie zu testen, es steht aber nicht unmittelbar bevor.

Das Argument, dass die Pharmaindustrie die Forschung blockiert, weil damit kein Gewinn gemacht werden kann, ist nicht haltbar. Wenn ein Projekt wirtschaftlich nicht attraktiv, aber medizinisch überzeugend ist, können öffentliche Fördermittel eingesetzt werden.

 

Wer führt klinische Studien durch?

Prof. G: Entweder führt ein onkologisches Zentrum selbst eine klinische Studie durch und beantragt die dafür notwendigen öffentlichen Fördermittel. Andererseits gibt es auch Studien, die von der Pharmaindustrie gesponsert werden. Da gibt es ganz klare Regeln und Richtlinien an jeder Universität, wie viel Einfluss die Pharmaindustrie nehmen darf.

 

Wie gelangt man an eine klinische Studie?

Prof. G.: Wenn Interesse an einer Studienteilnahme besteht, kann man sich direkt an ein onkologisches Zentrum wenden, das an klinischen Studien beteiligt ist. Es ist ratsam, mit den Ärzten vor Ort über die vorhandenen Möglichkeiten zu sprechen. Bei Fragen zur Verfügbarkeit aktueller klinischer Studien können Sie sich auch an den Informationsdienst der Deutschen Hirntumorhilfe wenden.

 

Kann Methadon in der Therapie von Gliomen eingesetzt werden?

Dr. Christian Keinki: Wir haben aktuell keine Daten dazu. Belastbare Daten, die die Patientensicherheit garantieren, sind unerlässlich. Die Wirkungsweise von Methadon an einzelnen Fallbeispielen festzumachen, ist nicht ausreichend und nicht sicher genug.

 

Ist eine Substitution mit Vitamin C in der Gliomtherapie sinnvoll?

Dr. Christian Keinki: Die Zuführung von Vitamin C in hohen Dosen ist sowohl aus ernährungswissenschaftlicher  als auch aus onkologischer Sicht nicht sinnvoll. Eine positive Wirkung konnte bislang nicht festgestellt werden. Vitamin C könnte sogar eher schädlich sein, denn es handelt sich hierbei um ein Antioxidans. Eine Tumortherapie ist aber letztlich eine Oxidation.

 

Was ist hinsichtlich einer Misteltherapie bei Hirntumorpatienten zu beachten?

Dr. Christian Keinki: Eine solche Behandlung kann zu einer Erhöhung des Hirndrucks führen. Besteht in der Umgebung des Tumors ein Hirnödem, sollte auf die Misteltherapie verzichtet werden.

 

Kann Cortison durch Boswellia-Präparate ersetzt werden?

Dr. Christian Keinki: Es gibt hierzu keinen direkten Vergleich. Cortison ist nach wie vor der Goldstandard in der Behandlung von Tumorödemen des Kopfes. Die Anwendung von Boswellia fällt in den Bereich der komplementären Onkologie.

Prof. G.: Verschlechtert sich der Zustand des Patienten, können mit Cortison nach wie vor die besten Resultate erzielt werden. Boswelliasäuren können unter Umständen hilfreich sein, wenn nach längerfristiger Einnahme von Cortison eine Reduzierung angestrebt wird.

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