Ein Ankerpunkt im Alltag

Im Gespräch mit Petra von der Selbsthilfegruppe Aschaffenburg/Miltenberg

Hallo Petra, seit wann gibt es die Selbsthilfegruppe Hirntumor Aschaffenburg/Miltenberg?

 

Bereits seit Mai 2007. Wir haben also in diesem Jahr zehnjähriges Gruppenjubiläum gefeiert!

 

Herzlichen Glückwunsch dazu! An wen genau richtet sich die Selbsthilfegruppe und wie oft trefft ihr euch?

Ob selbstbetroffen oder angehörig: Bei uns findet jeder ein offenes Ohr und die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen. Unsere Treffen finden einmal im Monat statt.

 

Wie kam es dazu, dass Du eine Selbsthilfegruppe gegründet hast?

 

Ich selbst wurde 2003 mit der Diagnose Hirntumor konfrontiert. Ich bin froh und dankbar dafür, dass mir durch eine Operation geholfen werden konnte – meinen Beruf als Heilpraktikerin konnte ich danach aber nicht mehr ausüben. Ich war bis dahin immer sehr aktiv, die vielen Monate nach der Operation, in denen ich sehr hilflos war, waren nicht leicht für mich und ich muss mich bis heute mit körperlichen Einschränkungen arrangieren.

 

Sobald ich wieder mobil genug war, stand für mich fest, dass ich mich ehrenamtlich einbringen möchte. Ich begann, mich in der Seniorenbetreuung zu engagieren und merkte sofort, wie gut es mir tat, wieder am Leben teilzunehmen. Tatsächlich waren es die Menschen dort, die mich auf die eigentlich naheliegende Idee brachten, mich speziell für andere Hirntumorpatienten einzusetzen, indem ich selbst eine Gruppe gründe – denn im Raum Aschaffenburg gab es nichts dergleichen.

Wo hast du Unterstützung für Dein Vorhaben gefunden und Interessierte informiert?

 

Das Landratsamt in meinem Heimatort Miltenberg stand und steht mir mit Rat und Tat zur Seite. Hier habe ich durch das Büro für Selbsthilfeförderung Unterstützung bei allen organisatorischen Angelegenheiten erhalten. Die Lokalzeitung der Region listet alle Selbsthilfegruppen im Landkreis auf, weiterhin habe ich Flyer bei Fachärzten und in der Klinik ausgelegt.

 

Beim ersten Termin waren wir dann auch schon 6 Leute. Das ist bis heute die ungefähre Gruppenstärke bei den Treffen geblieben, wobei mancher immer kommt, andere zwar regelmäßig, aber in größeren Abständen – jeder, wie er mag.

 

Die Gruppe hilft dabei, Kraft zu gewinnen

Wie kann die Gruppe helfen?

 

Die Gruppe ist ein Ankerpunkt im Alltag. Hier muss man sich nicht verstellen, nicht verstecken. Ziel ist es, einen Raum zu haben, an dem Platz ist für Fragen, Sorgen, Ängste und Nöte, aber auch zum gemeinsamen Freuen über Therapieerfolge, Dankbarkeit für wundervolle Erlebnisse. Jeder hier soll sich gehört und verstanden fühlen und Selbstvertrauen und Kraft zurückgewinnen.

 

Wir profitieren voneinander, indem wir unser Wissen und unsere Erfahrungen mit Ärzten, Kliniken, Therapieformen, Behörden etc. teilen, geben uns gegenseitig Rat und Unterstützung, wie wir mit der Diagnose umgehen und lernen können, sie mit all ihren Herausforderungen zu akzeptieren. Wir helfen uns gegenseitig, mit der Erkrankung zu leben.

 

Mancher zögert, Selbsthilfegruppen zu besuchen. Wie siehst Du das?

 

Die Erfahrung, dass es eine gewisse Hemmschwelle gibt, habe ich auch gemacht. Ich kann natürlich nicht allumfassend beurteilen, ob es nun ausschließlich an dieser speziellen Erkrankung liegt, aber das Thema ist sehr sensibel. Ich habe über die Jahre auch viele Kontakte rein telefonisch gepflegt oder Patienten allein getroffen, weil mancher sich ungern in einer Gruppe zeigen wollte. Und das, obwohl eine Selbsthilfegruppe natürlich per se schon ein geschützter Raum ist. Trotzdem ist es einigen Menschen zu viel, sie wollen nicht, dass irgendjemand von ihrer Erkrankung erfährt oder fühlen sich einfach wohler im Einzelgespräch. Das respektiere ich natürlich und versuche auf diesen anderen, privateren Wegen zu helfen, soweit mir das möglich ist.

 

Für mich selbst  habe ich die Erfahrung gemacht, dass es mir sehr gut tut, in Austausch zu treten. Die Selbsthilfegruppe ist ein wichtiger Kanal dafür, das unmittelbare Umfeld, Familie und Angehörige, emotional zu entlasten, indem auch mal andere Ansprechpartner hilfreich zur Seite stehen und neue Perspektiven öffnen. Und nebenbei ist es wichtig, die Erkrankung ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, aufzuklären und Aufmerksamkeit für die Situation von Betroffenen zu schaffen. Einen Versuch ist der Besuch einer Selbsthilfegruppe sicher allemal wert!

 

Gibt es neben den Gesprächsrunden auch andere Aktivitäten und Unternehmungen zusammen?

Auf jeden Fall! Wir haben beispielsweise schon mehrfach als Gruppe den Hirntumor-Informationstag besucht und halten generell die Augen offen, wenn es interessante Veranstaltungen für Hirntumorpatienten in der Region gibt. Uns trifft man aber auch durchaus mal im Café, im Museum oder anderswo unterwegs an. Ideen und Vorschläge für gemeinsame Unternehmungen sind immer gern gesehen. Zudem pflegen wir den Kontakt zu einer allgemeinen Krebs-Selbsthilfegruppe in der Region. Wir werden auch von dieser Seite zu Ausflügen und Aktivitäten eingeladen und gestalten auch unsere Weihnachtsfeier zusammen im größeren Rahmen.

Wenn ich mir noch nicht sicher bin, ob eine Selbsthilfegruppe etwas für mich ist, kann man auch einfach mal so zum „Reinschnuppern“ vorbeikommen?

 

Aber natürlich! Meldet Euch einfach bei mir und wir sprechen in Ruhe darüber.

 

Liebe Petra, vielen Dank für das Gespräch!

Kontakt

Weitere Informationen und Kontaktdaten über die bundesweit zentrale Beratungsstelle IKOS (Informations- und Kontaktstelle für Hirntumor-Selbsthilfe) unter der Telefonnummer: 03437.947 94 21

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