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Erfahrungsbericht Marcel IV

"'Guten Morgen, Herr Landthaler. Wir haben noch die Ergebnisse der Gewebeuntersuchung. Es ist leider kein Hämangioblastom, wie wir vermutet haben, sondern ein diffuses Astrozytom Ⅱ. Das bedeutet, Ihr Tumor ist nicht gutartig. Er gehört zu den weniger bösartigen Gehirntumoren.' 'Aha. Und das bedeutet für mich?' 'Eigentlich verändert sich für Sie nichts. Wir haben den Tumor, so wie es momentan aussieht, komplett entfernt. Da er aber quasi mit dem gesunden Gewebe verwachsen war, ist es schwierig, eine endgültige Aussage zu treffen. Die regelmäßigen Kontrollen werden dann zeigen, wie sich alles entwickelt. Machen Sie sich jetzt bitte nicht noch mehr Sorgen. Sie müssen erst mal wieder fit werden. Und sich unnötig verrückt zu machen, bringt nichts.' Ja, danke für's Gespräch. Astrozytom? Wie auch immer. Ich darf bald heim, dachte ich mir."


[…]


"Der letzte Tag im Krankenhaus. Ich sah mich schon zu Hause im Garten relaxen und in zwei bis drei Wochen wieder beim Arbeiten. Die zwei gnädigen Damen, Nadi und meine Mutter, hatten Bedenken, mich gleich alleine daheim zu lassen, und beschlossen kurzerhand, mich halbtags bei meiner Mutter einzuquartieren. Alle wollten mich schonen. Aber dadurch fühlte ich mich noch schwächer, und vor allem wollte ich nicht wie ein Pflegefall behandelt werden.


Das Entlassungsgespräch führte leider keiner der Ärzte, die mich behandelt hatten. Der Doktor richtete hauptsächlich das Wort an meine Mutter. Ich fühlte mich noch nicht in der Lage, solchen wichtigen Gesprächen zu folgen, geschweige denn ihren Inhalt zu behalten. Tatsächlich, mir fällt nichts mehr von dem Gesagten ein. Ich kann mich erinnern, wie wir zu dritt im Zimmer saßen, aber was der Doc sagte … nichts davon ist hängen geblieben.

 

Also: Schreibpause."


Beim Karneval ist Marcel längst wieder dabei

"Kontroll-MRT nach einem Jahr. Für diesen Tag hatte ich extra Urlaub genommen. Seit 365 Tagen war ich nicht mehr in der Röhre gewesen, seitdem wusste niemand, ob es irgendwelche Veränderungen in meinen Kopf gegeben hatte. War der Krebs wieder da? Hatten sich neue Tumorzellen gebildet? Waren gar andere Hirnregionen schon betroffen? Hatte der Tumor gestreut? Oder hatte sich überhaupt nichts getan? Genau die Fragen beschäftigten mich seit Wochen. Ich merkte, dass sich mein Unterbewusstsein nachts wieder mit diesen Dingen auseinandersetzte, weil die Schlafprobleme wieder zugenommen hatten. […] Ein Krankenpfleger legte den Zugang für das Kontrastmittel. Schon fuhr mich das Gestell in den Bauch des eine Million Euro teuren Geräts. Ich machte die Augen zu und ließ die Prozedur über mich ergehen. Eine halbe Stunde später war ich schon wieder oben in der Neurochirurgie und wartete auf das Gespräch mit dem Arzt, der mich vor einem Jahr auch operiert hatte.

'… Herr L. berichtet, dass er unter der derzeitigen Medikation keinen weiteren generalisierten Krampfanfall erlitten habe. Insgesamt fühle er sich wohl, selten käme es zu Konzentrationsstörungen. Intermittierend fallen Kurzzeit-Gedächtnisstörungen auf. In der am heutigen Tag durchgeführten MRT-Untersuchung des Schädels inklusive Kontrastmittel zeigt sich weiterhin die bekannte Resektion des Tumors. Im Randbereich bestehen weiterhin die bekannten Gliosen, derzeit kein Anhalt für einen Rest- oder Rezidivtumor. Wir empfehlen, die erneute bildgebende Verlaufskontrolle in 12 Monaten durchführen zu lassen, bei Auffälligkeiten entsprechend früher…."


Mit anderen Worten: Es hatte sich seit einem Jahr nichts verändert. Es war nichts nachgewachsen. […]. Ich spürte, wie eine Riesenlast von meinen Schultern fiel."


[…]


"Mir war durchaus bewusst, dass das jetzt nicht hieß, ich sei gesund oder gar der Tumor käme nie wieder. Ich hatte darüber genug gelesen und mit Ärzten gesprochen. Das Astrozytom, das sich in meinem Kopf eingenistet hatte, war ein langsam wachsender Tumor. Deswegen kann es sein, dass sich erst in fünf oder zehn Jahren eine Veränderung bemerkbar macht. Darum sind die jährlichen Kontrollen auch so wichtig. […] Was bleibt, ist die Ungewissheit, ob der Tumor zurückkommt. Aber das steht in den Sternen. Ich lebe mein Leben, als wäre ich ein gesunder und normaler Mensch. Ich lasse mir von diesen beschissenen Zellen nicht die Zukunft versauen. Selbst wenn der Krebs zurückkehrt, werde ich kämpfen und ihn erneut besiegen."

 

Auszüge aus:

Marcel Landthaler: WortWirrWarr – Leben mit einem Hirntumor

Books on Demand, 2018

 

Der oben stehende Text ist ein subjektiver Erfahrungsbericht. Dezidierte Angaben zu Institutionen, Personen und Medikamentennamen wurden gemäß den Statuten des Deutsche Hirntumorhilfe e.V. entfernt. Textkürzungen und redaktionellen Anpassungen mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Für den vollständigen Text sowie darin enthaltene Angaben zu medizinischen Fachinformationen und Verfahren zeichnet sich die Deutsche Hirntumorhilfe nicht verantwortlich und übernimmt entsprechend keine Gewährleistung.

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