Astrocytoma II

IDH-mutiertes Astrozytom WHO-Grad 2 (ehemals auch diffuses Astrozytom)

Das IDH-mutierte Astrozytom ist ein hirneigener Tumor, der aus Astrozyten hervorgeht, einer Unterart der Gliazellen im Gehirn. Gliazellen umhüllen, stützen und versorgen die Nervenzellen (Neuronen) in Gehirn und Rückenmark. Der Zusatz „IDH-mutiert“ bedeutet, dass das Isocitrat-Dehydrogenase-Gen verändert ist. Diese Mutation beeinflusst den Stoffwechsel der Zellen und ist ein entscheidendes Merkmal dieser Tumoren.

 

IDH-mutierte Astrozytome werden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anhand mikroskopischer und molekularer Eigenschaften in unterschiedliche Grade eingeteilt. Unterschieden wird in die WHO-Grade 2-4 (ein Astrozytom, IDH-mutiert WHO-Grad 1 gibt es nicht). Je höher der WHO-Grad des Tumors ist, desto höher ist dessen Zellteilungsrate und desto mehr sind auch dessen molekulare Eigenschaften verändert.

Histologie

  • von Astrozyten ausgehendes Tumorgewebe mit geringfügig erhöhter Zelldichte und nukleären Atypien
  • keine mikrovaskulären Proliferationen oder Nekrosen
  • 1p/19q intact und CDKN2A/B nicht deletiert

 

 

Epidemiologie

  • jährlich erkranken etwa 0,5-0,6 von 100.000 Menschen an einem Astrozytom Grad 2
  • Altersgipfel liegt zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr
  • Männer sind etwa 1,5-Mal häufiger betroffen als Frauen

 

 

Symptome

  • stark von der Lokalisation des Tumors abhängig
  • Erstsymptom ist häufig ein epileptischer Anfall
  • Hirndruckzeichen (Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Lethargie)
  • psychische Störungen (Persönlichkeitsveränderungen)
  • neurologische Defizite (Empfindungsstörungen, Schmerzen, Lähmungen)
  • viele Patienten sind vor dem erstmalige Auftreten lange Zeit symptomfrei

 

 

Diagnose

  • Diagnose mittels MRT mit Kontrastmittel  und Gewebeanalyse (seltener CT)
  • bei schwer zugänglichen oder sensiblen Tumorlokalisationen gezielte Biopsie zur Diagnosesicherung
  • im MRT zeigt sich das Astrozytom Grad 2 als unscharf begrenzte Raumforderung ohne Kontrastmittelaufnahme
  • teilweise auch mit geringem Marklagerödem (Schwellung durch Flüssigkeitsansammlung)
  • selten Verkalkungen, Zysten und kleine kontrastmittelaufnehmende Areale
  • ggf. zusätzlich PET- und SPECT-Untersuchungen
  • Hauptlokalisation: Frontal- und Temporallappen, kann aber im gesamten zentralen Nervensystem vorkommen
  • gehäuftes Auftreten bei Patienten mit Neurofibromatose Typ I

 

 

Therapie

  • größtmögliche operative Entfernung des Hirntumor
  • bei Patienten mit niedrigem Risiko: nach OP ggfs. zunächst “watch and wait” (Beobachtung der Krankheit ohne weitere Therapie) oder Vorasidenib (IDH-Inhibitor)
  • bei höherem Risiko: Strahlentherapie + Chemotherapie (Temozolomid oder PCV)
  • in klinischen Studien werden weitere Therapieansätze (z.B. zielgerichtete molekulare Therapien und Immuntherapien) getestet

 

 

Rezidiv-Therapie

  • Re-Operation des Tumors
  • (erneute) Strahlentherapie, ggf. stereotaktische Strahlentherapie
  • (erneute) Chemotherapie
  • klinische Studien

 

 

Nachsorge

  • Frühes postoperatives MRT innerhalb von 48 Stunden nach der Operation
  • Erste MRT-Kontrolle nach Strahlentherapie ca. 4–6 Wochen nach Abschluss der Strahlentherapie.
  •  in der Folge Regelmäßige MRT-Kontrollen zur Überwachung (alle 3-6 Monate)

PET bei unklaren MRT-Befunden (zur Unterscheidung zwischen Tumorwachstum und therapiebedingten Veränderungen) 

 

 

Verlauf

  • meist lokales Wachstum mit infiltrierendem Charakter
  • Neigung zum Übergang in ein höhergradiges Astrozytom Grad 3 oder 4 (Transformationsrisiko im ersten Jahr 8-9%)

 

 

Prognose

  • abhängig von Histologie, Lokalisation und Resektionsgrad des Hirntumors und Therapieansprechen

 

 

 

 

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